Das Brachycephale Obstruktive Syndrom

Oder: Der Ursache auf den Grund gegangen

 

Seit Jahrzehnten versuchen Züchter genetische Erkrankungen weitestgehend aus der Zucht zu eliminieren oder - sofern es sich um rezessive Erkrankungen handelt - zumindest so zu verpaaren, dass die Erkrankung nicht zum Ausbruch kommen kann. Nun gibt es eine genetische Erkrankung die - so brutal es sich anhört - zu 100% vom Züchter selbst "produziert" wurde: Die Rede ist vom Brachyzephale Atemnot Syndrom auch Brachycephales Osbstruktives Syndrom genannt. Symptome dieser genetischen Erkrankung sind unter anderem lautes Schnarchen auch im Wachzustand, Kurzatmigkeit und Belastungsintoleranz, Auftreten von Würge- oder Brechreiz während oder nach einer Belastung bis hin zu bläulich gefärbten Schleimhäuten oder Zunge, lebensbedrohliche Überhitzung insbesondere im Sommer durch ungenügende Thermoregulation aufgrund nahezu "fehlender" Nasenpartie bis hin zum Hitzschlag sowie Erstickungsanfälle.

 

Die Ursache für diese Krankheitssymtome sind hinreichend bekannt und nachgewiesen: Es ist die anatomische Deformierung des Gesichtsschädels brachyzephaler Hunderassen bis hin zur Funktionsuntüchtigkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten möchte ich an dieser Stelle auf den Artikel von Prof. Dr. Oechtering "Das Brachyzephalensyndrom - Neue Informationen zu einer alten Erbkrankheit" verweisen.

 

Nun gibt es durchaus immer einmal wieder auch sehr kurzköpfige Hunde, die das Glück haben, ein relativ beschwerdefreies Leben zu führen. Und immer wieder haben sich Züchter von der Verpaarung derartiger Hunde eine einschneidende Rasseverbesserung erhofft. Dass das bis heute nicht gelungen ist, liegt an einem so einfachen wie logischen Rückschluss: Diese Hunde sind - aus genetischer Sicht - nichts anderes als symtomfreie Anlageträger, tragen sie doch die Ursache für das Brachyzephale Atemnotsyndrom buchstäblich "ins Gesicht geschrieben". Und in der Genetik gibt es zur Vermeidung genetischer Erkrankungen einen weisen und wahren Grundsatz: "Anlageträger werden nicht miteinander verpaart!"

 

Aus diesem Grunde werden in der kontrollierten Retromopszucht zwar durchaus auch "mopsige" Hunde - soweit ansonsten beschwerdefrei - in die Zucht genommen (denn irgendwo her müssen sie ja kommen, die Gene des Mopses....). Allerdings: je näher diese Hunde optisch dem Standardmops entsprechen, desto weniger "mopsig" muss der Partner sein! Im Klartext: Ein - nennen wir ihn einmal "Standardmopstyp" wird in der Züchtergemeinschaft für den Retromops nur mit einer F1 (50% Fremdblut) bzw. F2 Generation (25% Fremdblut) verpaart werden! Und das aber selbstverständlich auch nur, wenn er ansonsten gesund und vor allem freiatmend ist und darüber hinaus über wertvolles Genmaterial verfügt, dass wir langfristig erhalten wollen! (Letzteres setzt aber bei diesen Hundetypen zwangsläufig voraus, dass wir alle verfügbaren Erkenntnisse über Eltern und Großeltern, wenn möglich auch über Geschwister des Hundes haben...).

 

Um es abschließend noch einmal auf den Punkt zu bringen: So lange es die Qualzuchtdiskussion bezogen auf zu kurzköpfige Hunderassen gibt - und das sind nunmehr gut vierzig (!) Jahre - weiß man um die Ursachen des Brachyzephalen Atemnot Syndroms, und die liegt in der Kopfform begründet. Die vergleichende Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München aus dem Jahre 2012 hat es für alle Zweifler noch einmal bewiesen: Die Zucht von Möpsen mit deutlich (!) längeren Nasen und damit weg von zu brachyzephalen Kopfformen zurück in Richtung mesozephaler Kopfform ist zu fördern! Und da dies nach 140 Jahren konsequenter züchterischer Selektion auf "Nasenlosigkeit" nicht mehr im Wege der Selektion innerhalb der Rasse möglich ist - was einmal gänzlich eliminiert wurde wächst in einer geschlossenen Zuchtpopulation nunmal nicht mehr nach - kann der Weg nur durch Immigration rassefremder Gene, die wieder den genetischen Bauplan für längere Nasen einbringen, gegangen werden!

 

 

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